Liebe Leute, so ein kleines feines Hundchen an der Leine steht einfach jedem beim Spaziergang! Auch ins Auto passe ich locker hinein, ich hab einfach eine schnuckelige Größe von 32 Zentimetern und bei meinem Anblick lacht das Menschenherz. Bin drollig gezeichnet und an mir ist alles kompakt beieinander. Ich fände sogar in jedem Tiny House noch Platz - wenn mich denn jemand hier finden würde. Und am besten gleich verlieben und adoptieren, dann wäre ich aller Sorgen ledig. Sogar meine Leishmaniose wäre gut behandelbar, durch anderes Futter und ein Medikament. Es ist nichts Schlimmes, noch nicht einmal teuer, aber in dieses Lager kommt kein Tierarzt. So viel ist ein Hundeleben wert.
Ich "lebe" seit Januar 2021 in diesem riesengroßen und berühmt-berüchtigten Hundelager, in dem es besonders hart und schrecklich zugeht. Wir haben gerade das Nötigste zum Überleben und so wenig hat kein einziger Hund verdient, noch nicht mal die, die bellen und beißen. Von der Sorte bin ich keiner. Ich bin als lieb, zutraulich, menschfreundlich, verträglich mit meiner Zellengenossin und meinem Zellengenossen, brav und nett bekannt. Aber ich kann Euch gar nicht beschreiben, wie trist dieses Leben für uns alle ist. Selbst die Wärter sind im Stress und haben keine Zeit und freundlichen Worte für uns. Mir täte es schon sehr gut, wenn ich eine warme Hand auf meinem Fell spüren würde, sie darf mich auch gern kraulen. Hauptsache ein Lebenszeichen von jemandem, dem etwas an mir liegt. Im Lager ist da weit und breit niemand.
Was meint Ihr, wie lange ich noch hier herumsitzen muss, stets aufbruchbereit, sobald die frohe Kunde von Pro-Canalba kommt, dass liebe Menschen sich meiner annehmen wollen? Könnt Ihr Euch einen Kompagnon wie mich auf Euren Unternehmungen und in Eurem Alltag vorstellen? Könntet Ihr mich liebhaben und mir gut zu futtern geben? Hättet Ihr Lust auf Hundeschule so wie ich Lust aufs Lernen habe? Wenn man so viel ungenutzte Zeit wie ich in dieser kleinen Box hat, dann stellt man sich ständig solche Fragen und fühlt sich ungeliebt. Bisher gut versteckt hinter dicken Mauern, doch nun die Chance: da bin ich und ich bin noch zu haben! Wie gern würde ich Euch Schwänke aus meinem Leben vor dem Lager erzählen, aber es fällt mir nicht einer ein. Schwere Dinge vergesse ich immer ganz schnell, ist sicher besser so.
Die, die gut zu mir sind, vergesse ich nie, auch nicht die, die mich herausholen aus diesem Jammertal. Denen bleibe ich für den Rest meines Lebens treu und würde sie jeden Tag mit meiner neuen Lebensfreude und Aufmerksamkeit daran erinnern, wie dankbar ich ihnen bin. Wir würden uns jeden Tag an der frischen Luft vergnügen, sogar wenn es mal regnet, weil ich für die Abhärtung und Durchlüftung der ganzen Familie zuständig wäre.
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