In diesem Augenblick erschien Beebo: „Guten Tag“ sagte er. „Guten Tag“ antworte höflich der Hundefreund und fragte: „Wer bist du? Du bist sehr hübsch.“ „Ich bin Beebo, ein in die Jahre gekommener englischer Setter. Komm und schau dir meine Bilder an! Ich bin so traurig.“
„Komm und spiel mit mir“ schlug ihm der Hundefreund vor. „Ich kann nicht mit dir spielen“, sagte Beebo. „Ich bin noch nicht gezähmt!“ „Oh Verzeihung! Aber was bedeutet „zähmen“?“ fragte der Hundefreund.
„Das ist eine in Vergessenheit geratene Sache“, sagte Beebo. „Es bedeutet so viel wie sich vertraut machen, denn momentan bist du für mich noch nichts anderes als ein Hundefreund unter vielen. Und ich bin für dich nur ein Hund unter vielen. Aber wenn du mich zähmst, werden wir einander brauchen. Du wirst für mich einzig sein in der Welt und ich werde für dich einzig sein in der Welt. Wenn du mich zähmst, wird mein Leben wie durchsonnt sein. Ich werde den Klang deines Schrittes kennen, obwohl ich fast komplett taub bin. Und ich werde deine liebevollen Hände auf meinem Fell fühlen und deinen fürsorglichen Blick erwidern, obwohl ich fast blind bin. Oh bitte – zähme mich!“
„Ich möchte wohl“ antwortete der Hundefreund, „aber ich habe nicht viel Zeit. Ich muss noch so viele andere Hundebeschreibungen lesen und so viele Dinge in meinem Leben erledigen und arbeiten und einfach noch so viele Dinge kennenlernen.“ „Man kennt nur die Dinge, die man zähmt“, sagte Beebo. „Die Menschen haben keine Zeit mehr, irgendetwas kennenzulernen. Sie kaufen alles fertig in Geschäften und rennen von einem zum anderen, aber da es keine Kaufläden für Freunde gibt, haben die Leute keine Freunde mehr. Wenn du einen Freund willst, dann zähme mich!“
„Was muss ich da tun?“ fragte der Hundefreund. „Du musst sehr geduldig sein“ antwortete Beebo. „Du setzt dich erst ein wenig abseits von mir ins Gras. Ich werde dich so verstohlen, so aus dem Augenwinkel anschauen, und du wirst nichts sagen. Die Sprache ist die Quelle der Missverständnisse. Aber jeden Tag wirst du dich ein bisschen näher setzen können und weil ich ein englischer Setter bin, wird das ganz schnell gehen, denn ich bin wie alle meiner Rasse Menschen sehr zugewandt, vertrage mich mit meinen Artgenossen und bin immer auf der Suche nach Aufmerksamkeit und Vertrautheit.“
Und so machte denn der Hundefreund Beebo mit sich vertraut. Und als die Stunde des Abschieds nahe war sagte der Hundefreund: „Ach! Ich werde weinen. Du hast gewollt, dass ich dich zähme und nun werde ich weinen.“ „Gewiss“ sagte Beebo.
„So habe ich also nichts gewonnen!“ sagte der Hundefreund. „Doch! Du hast einen Freund gewonnen! Du hast einen treuen Blick aus fast blinden Augen gewonnen! Du hast jemanden, der mit Wunden übersät und abgemagert vor wenigen Monaten in einem Hundelager gelandet ist und auf Grund seiner neurologischen Defizite damals kaum mehr vom Boden aufstehen konnte, wieder zum wirklichen Hundeleben erweckt und mir eine wunderschöne Zeit mit dir geschenkt. Jetzt geh und überleg dir, ob du mich adoptieren willst und komm morgen wieder – dann werde ich dir ein Geheimnis schenken.“
Und als der Hundefreund am nächsten Tag wieder zu Beebo zurückkam, sagte ihm dieser: „Hier ist mein Geheimnis. Es ist ganz einfach: man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Die Zeit, die du mit mir verbringen wirst, sie ist nicht verloren. Sie macht dich und mich so wichtig. Die Menschen haben diese Wahrheit vergessen, aber du darfst sie nicht vergessen. Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.“
Erkannt? Ja, sicher, nicht wahr? Beebo´s Abwandlung der Geschichte mit dem Fuchs aus dem „Kleinen Prinzen“ von Antoine de Saint-Exupéry und am Ende auch noch mit vertauschten Rollen von Fuchs (= Beebo) und Kleinem Prinzen (= DU, der Hundefreund), denn wahrscheinlich wirst du früher von Beebo Abschied nehmen müssen, als dir lieb sein wird. Er ist ein älterer Hund, aber noch lange nicht dem Tode geweiht. Er kam ins Hundelager und konnte sich kaum vom Boden erheben, aber selbst unter den widrigen Bedingungen dort gelang es ihm, sich wieder bewegen und herumlaufen zu können und das tut er in Settermanier auch, denn alle Setter MÜSSEN sich einfach bewegen. Das zeigt, was für ein Lebensgeist und -wille in ihm steckt.
Gib‘s zu: so oder so ähnlich könnte die Geschichte von Beebo und DIR verlaufen, oder? Beebo wünscht sich nichts sehnlicher, als dass er „gezähmt“ wird, und das ist bei einem englischen Setter nicht mal sonderlich schwierig. Sobald er dich sieht, wird er in deine Arme sinken, weil er sehnsüchtig darauf wartet, noch ein paar schöne Jahre erleben zu dürfen. Er ist seit Mai 2024 im Hundelager. Warum er dort gelandet ist, weiß man, wie in den meisten Fällen, nicht. Kam er von einem anderen Canile? Wurde er ausgesetzt, weil er alt und krank wurde? Ist das wirklich wichtig? Denk dran: Man sieht nur mit dem Herzen gut! Und dann greif zu deinem Telefon und ruf Beebo‘s Vermittlerin an und mach damit den ersten Schritt, um Beebo zu „zähmen“. Beebo und seine Vermittlerin warten jede Sekunde jedes endlos langen Tages auf deinen Anruf!
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