Im September 2021 nahmen unsere Freunde von Puntanimals in Huelva zwei Schäferhund-Mischlingsdamen in ihre Obhut, Wanda und ihre Mama Natasha. Obwohl Wanda erst wenige Wochen alt war, hatte sie von ihrer Mutter schon gelernt, dass zum Leben auf der Straße die Angst vorm Menschen gehört. Auch im Tierheim dauerte es lange, bis es unseren Partnern gelang, die beiden Hündinnen auch nur zu berühren. Normalerweise überwinden die Welpen ihre Zurückhaltung schneller, aber Wanda war all die Zeit sehr auf Natasha fixiert und machte jeden Schritt nach vorn nur gemeinsam mit ihrer Mutter.
Fast zwei Jahre sind mittlerweile vergangen, Natasha fand in Spanien eine ganz besondere Familie, die sie adoptierte – Wanda blieb im Tierheim. Als Vierbeiner, der Angst vor Menschen hat, ist man auch in einer kleinen und familiären Einrichtung wie der Pension unserer Partner in Punta immer der Außenseiter. Das Rudel sammelt sich um die Freiwilligen, der Lärmpegel ist den ganzen Tag so hoch, dass man nie lernen kann, echte Gefahren zu erkennen, der Stresslevel für eine eh schon eher nervöse Hündin wie Wanda ist eine Vollbremsung für jede Entwicklung in Richtung Familienhund. Wanda auf Dauer mit dem Tierheim zu überfordern, hätte bedeutet, ihre Chancen auf Adoption auf 0 zu reduzieren, und so entschied eine erfahrene Pflegemama, der inzwischen zwei Jahre alten (Stand 07/2023) Hündin den Start in ein anderes Leben zu erleichtern. Wanda durfte im Mai 2023 nach Deutschland reisen und wohnt jetzt seit einigen Wochen in Billgheim-Ingenheim in Rheinland-Pfalz.
Wanda hat in ihrem vorübergehenden Heim mit ihren neuen zwei- und vierbeinigen Freunden schon viel gelernt. Vor allen an ihren Hundefreunden orientiert sich das schüchterne Mädchen, und wenn die ganze Rasselbande ohne menschliche Störungen im Garten spielt, ist sie am liebsten mittendrin statt nur dabei. Leider endet das fröhliche Treiben sofort, wenn Wanda das Gefühl bekommt, dass ein Mensch ihr zu nahe kommt. Im Moment bekommt Wanda in ihrer Pflegestelle die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wann sie drinnen oder draußen sein möchte – und langsam beginnt sie, auch von sich aus ins Haus zu kommen. Aber auch dort sucht sie noch keinen Kontakt zu den Menschen, auch wenn sie deren Nähe dort toleriert, ist ihr die Gesellschaft ihrer Artgenossen viel wichtiger.
Wanda braucht viel Zeit und steht sicher erst am Anfang ihrer Reise. Deswegen brauchen wir für unser so besonderes Mädchen auch besondere Menschen, die jeden noch so kleinen Schritt mit ihrer Mimose feiern wollen. Geschirr anziehen, an der Leine laufen, ins Auto einsteigen, Kontakt zu Menschen aushalten, Begegnungen auf der Straße angstfrei meistern können und einfach mal entspannt auf der Couch liegen – es gibt so vieles, was Wanda noch lernen muss und sicher auch kann, wenn sie in erfahrenen, geduldigen und liebevollen Händen ist. Schon jetzt zeigt sie, dass sie motiviert ist, sich dem Alltag im Haus ihrer Pflegefamilie anzupassen, aber ihre Unsicherheit legt ihr noch viele Steine in den Weg.
Es wäre schön, wenn in Wandas zukünftigem Heim auch die Möglichkeit bestünde, dass Wanda selbst wählt, wo sich gerade aufhalten möchte. Ein gut gesicherter Garten mit einer geschützten Liegestelle und einem Zugang zum Haus wäre ein Volltreffer. Außerdem würden wir uns wünschen, dass Wanda an der Seite eines souveränen Ersthundes lernen kann, wie das Leben im Haus und mit den gruseligen Zweibeinern funktioniert. Ein auf Angsthunde spezialisierter Trainer sollte zumindest dann zur Verfügung stehen, wenn ihre künftigen besten Freunde noch keine Erfahrungen mit Angsthunden sammeln konnten. Wanda ist kein einfacher Hund, der ankommt und schon am nächsten Tag fröhlich durch den Garten tobt, aber wer der hübschen Mischlingsdame eine Chance geben kann, wird bestimmt belohnt. „Der Weg ist das Ziel“ ist Wandas Motto, und auf diesem Weg wünscht sie sich Freunde, die sie einfach annehmen, wie sie ist, ohne die Bedingung, dass in absehbarer Zeit alles anders werden muss.