Justo - Denn niemand weiß, wie viel uns davon bleibt
Update Januar 2024 - Liebe Leserinnen und Leser, wer hier bis zum Seniorenalter überlebt, hat bisher vor allem eines: viel gelitten. Einsamkeit, Langeweile, Isolation und Schutzlosigkeit sind nur einige der Schrecken, die uns täglich plagen.
Und irgendwann wird es auch mir ganz schleichend passieren: Ich werde nicht mehr so gut sehen und hören können, meine Gelenke werden steif und schmerzen, Hitze und Kälte werde ich nicht mehr so gut regulieren können, manchmal werde ich vielleicht auch verwirrt und vergesslich. Der Stress im Tierheimalltag wird mir noch mehr zu schaffen machen. Und dann kommt der Moment, wo man aufhört zu warten. Auf das zu warten, was das Leben zu bieten hat. Und dann beginnt man aufzugeben.
Ich, Justo, bin noch kein „echter“ Senior, sondern ein netter, geselliger großer Kerl. „A really nice dog“ ist das Prädikat, das mir die Tierschützer geben. In diesem Jahr rutsche ich aber in die Kategorie der Senioren, der besonders bedauernswerten Seelen. Denn hier gibt es keine erhöhten Futternäpfe, keine wärmenden Mäntelchen, keine kühlenden Plätzchen, keine Nähe und Liebe, die mir die Gewissheit geben wird, dass meine Welt in Ordnung ist, dass ich geborgen bin. Mein Geburtstag nähert sich mit großen Schritten und das macht mich sehr nachdenklich und stimmt mich auch traurig.
Beim Besuch der Tierschützer habe ich bewiesen: Ich bin doch ein toller Kerl! Mit anderen Hunden verstehe ich mich super und bin an der Leine ein Naturtalent! Der Kontakt mit Menschen ist mir eine Freude und ein Bedürfnis zugleich. Das schönste Geschenk ist gemeinsame Zeit. Denn niemand weiß, wie viel uns davon bleibt. Zögere nicht, rufe meine Vermittlerin an, damit wir noch möglichst viel davon gemeinsam genießen können. Lasst mich bitte nicht hier alt werden!